Alpiner Studienplatz – Interview mit Gerhard Weiser

Gerhard Weiser steht vor eiem Bergpanorama in Garmisch - er schaut sich eine trockene Blüte an.

In der Jugendherberge Garmisch-Partenkirchen im malerischen Werdenfelser Land wird die traumhafte Natur der Region spielerisch und sozial erlebt. Die Jugendherbergen mit dem Profil „Alpiner Studienplatz“ werden zu außerschulischen Bildungsorten, an denen Wissen naturpädagogisch und erlebnisorientiert vermittelt wird. Wie die Corona-Pandemie dabei neue Rahmenbedingungen setzt und warum jede Klassenfahrt anders ist, erzählt Sozialpädagoge Gerhard Weiser. Er ist hauptamtlicher Leiter für das Bildungsprofil „Alpiner Studienplatz“ im DJH Landesverband Bayern.

Der Innenhof der Jugendherberge Garmisch-Partenkirchen
Innenhof der Jugendherberge Garmisch-Partenkirchen mit Blick auf die Alpen

Herr Weiser, warum sind die Angebote von Naturerlebnissen und Umweltbildung in den Jugendherbergen besonders wichtig?

Dank solcher Angebote können Schülerinnen und Schüler für die Natur sensibilisiert werden, die wir nicht nur als schöne Kulisse, sondern auch als Teil von uns sehen. Sie lernen die Region, die sie besuchen, natur- und erlebnispädagogisch kennen. Ebenso tragend ist dabei das soziale Lernen: Als außerschulischer Bildungsort sehen wir Jugendherbergen generell ergänzend zur Schule. Die Leistungs- und Wettbewerbsebene wird aber genommen, während die Klassengemeinschaft im Vordergrund steht. Das passiert beim Zusammenleben, aber besonders auch bei den Programmen draußen.

Wie kann man sich einen konkreten Programmablauf an Ihrem „Alpinen Studienplatz“ vorstellen?

Weiser: Grundsätzlich bieten wir individuelle Programmbausteine an, die halbtägige Angebote beinhalten. Sehr beliebt und damit unser Klassiker ist das Programm „Natur zum Anbeißen“. Auf einem Ausflug werden dabei bekannte Pflanzen wie Brennnesseln direkt in der Natur „entdeckt“, statt sie in einem Klassenzimmer auswendig zu lernen. Durch gezieltes Fragen an die Gruppe wird Wissen zusammengetragen – dabei ergänzen sich die Schülerinnen und Schüler auch gegenseitig. Dieses Gruppenwissen wird durch Input des jeweiligen Referenten beziehungsweise der Referentin interaktiv erweitert. Gemeinsam erstellt die Klasse Steckbriefe über die Pflanzen, sammelt diese dann und verarbeitet sie im nächsten Schritt zu selbstgemachter Kräuterbutter. Im gesamten Prozess passiert auch soziales Lernen, da dabei die Gruppengemeinschaft und die Wissensvermittlung gleichermaßen unterstützt werden, ohne in einen Wettbewerb wie in der Schule auszuarten.

Gerhard Weiser steht an einem Bach und prüft die Wasserqualität
Die Wasserqualität kann durch Analyse der Kleintiere im Alpenbach bestimmt werden.

Was ist das Besondere an den Angeboten des „Alpinen Studienplatzes“ für Schulklassen?

Weiser: Das wertvolle Zusammenspiel aus Bildung für nachhaltige Entwicklung, schulischem Basiswissen und Erlebnispädagogik bietet ein breites Programm, das wir individuell an die Schulklassen anpassen können. Während in der Schule eher reines Wissen vermittelt wird, verknüpfen wir als „Alpiner Studienplatz“ das Kognitive mit sinnlichen Erlebnissen, wie dem Geruch im Wald. Dabei tritt das gemeinsame Lernen in den Vordergrund.

Was sind dabei Ihre Aufgaben als Leiter des „Alpinen Studienplatzes“?

Weiser: Als Sozialpädagoge habe ich seit der Gründung des „Alpinen Studienplatzes“ 2005 das naturpädagogische Programmangebot betreut und aufgebaut. Heute organisiere und konzeptioniere ich Programme entsprechend der Schwerpunkte der Klassen und halte dabei stets Rücksprache mit den Referentinnen und Referenten, die die Angebote betreuen. Direkten Kontakt zu den Schülerinnen und Schülern habe ich heute jedoch weniger als noch vor zehn Jahren.

Was hat sich durch die Corona-Pandemie verändert, und wie reagieren Sie darauf?

Weiser: Corona-Maßnahmen wie Lockdowns schränken die Freiheiten der Kinder stark ein. Sie flüchten daher oft in die sozialen Medien, um sich trotz der Abstandsmaßnahmen nah sein zu können. Auf Klassenfahrten wirken wir diesem Overload an digitaler Alltagsgestaltung durch „Digital Detox“ und mithilfe von Programmen entgegen, die die Autonomie der Schülerinnen und Schüler fördern. Zusätzlich ist unser Hygienekonzept deckungsgleich mit den Anforderungen des Kultusministeriums für Schulen, damit die Kinder sich nicht umstellen müssen.

Welchen unmittelbaren Effekt konnten Sie im Rahmen Ihres „Alpinen Studienplatzes“ bereits beobachten?

Weiser: Als die Schülerinnen und Schüler im Herbst 2021 nach einer langen DistanceLearning-Periode zu uns kamen, waren sie sehr überdreht oder zum Teil auch in sich gekehrt. Nach und nach sind aber alle Sorgen weggefallen – die Schülerinnen und Schüler sind ganz anders abgereist als sie gekommen waren.

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