Faszination Greifvogel – Natur erleben und verstehen auf Klassenfahrt

Detailfoto der Augen einer Eule mit orangefarbenen Iriden.

Auf Klassenfahrt mit Uhu Ivan, Schnee-Eule Smilla und Falke Babajaga. Frithjof Schnurbusch ist Diplom-Sozialpädagoge, Sozialarbeiter und Falkner. In zweiter Generation leitet er das Rheinische Waldpädagogium. In seinen wald- und tierpädagogischen Programmen lernen Mädchen und Jungen, ihre Umwelt – oder, wie Frithjof sie nennt: ihre Mitwelt besser zu verstehen. Mit „Überleben beGreifen – federleicht!“ und „Jäger der Nacht am Tag erleben!“ bringt er jede Klassengemeinschaft ganz nah ran an die beeindruckenden Greifvögel, mit denen er arbeitet. Im Interview erzählt Frithjof, was er bewirken möchte.

Ellen: Du begleitest bereits seit mehreren Jahren tierpädagogische Programme. Was begeistert dich an der Arbeit mit Kindern und Tieren besonders?

Frithjof: Ich kann soziale Kompetenz, Selbstwirksamkeit und Verantwortung fördern und sie gleichzeitig über die Tiere erfahrbar machen. Was mich besonders begeistert, ist der Moment, in dem Kinder wirklich in Kontakt treten: wenn sie spüren, dass ein Tier auf ihr Verhalten reagiert. Wenn sie Verantwortung übernehmen und dabei über sich selbst hinauswachsen. Tiere schaffen einen Zugang, der nicht belehrend ist, sondern direkt, authentisch und berührend. Dadurch entstehen sehr echte Lernmomente. 

Ellen: Wie sehen deine Angebote in den Jugendherbergen Ratingen und Mönchengladbach-Hardter Wald konkret aus? Wie läuft ein typischer Programmtag ab?

Frithjof: Ein typischer Programmablauf erstreckt sich über zwei Tage. Am ersten Tag steht der Wald als Lebensraum im Mittelpunkt. Die Kinder erleben die Natur mit allen Sinnen, lernen ökologische Zusammenhänge kennen und verstehen, dass jeder Lebensraum bestimmte Bedingungen hat, die es zu schützen gilt.

Am zweiten Tag widmen wir uns zunächst den Singvögeln. Am Vormittag untersuchen die Kinder ihre Lebensräume und entwickeln Ideen, wie diese gezielt verbessert werden können. Sie lernen, dass auch kleine Maßnahmen – wie geeignete Futter- und Nistmöglichkeiten – einen Unterschied machen.

Am Nachmittag wird das Thema „Anpassung an Lebensräume“ anhand der Greifvögel vertieft. Hier wird sehr anschaulich, wie Körperbau, Verhalten und Wahrnehmung genau auf den jeweiligen Lebensraum abgestimmt sind.

Ellen: Wie erleben die Schülerinnen und Schüler die Begegnung mit Falke, Uhu und Co.?

Frithjof: Das Besondere an den Greifvögeln ist ja: Sie sind immer noch Wildtiere. Anfangs sind die Kinder noch ein wenig ängstlich, aber wenn sie die Tiere eine Weile beobachten und sehen, wie wir mit ihnen umgehen, verlieren sie ihre Scheu und trauen sich, sie zu berühren. Mehr noch: Wenn Wüstenbussard Melek auf ihrer Faust landet, ist das einfach ein besonderes Erlebnis! Die unmittelbare Begegnung mit den Tieren schafft einen starken emotionalen Zugang und macht ökologische Zusammenhänge erlebbar.

Eule im Flug mit weit ausgebreiteten Flügeln; im Hintergrund steht eine Person.
Frithjof Schnurbusch

Ellen: Warum sollten Lehrkräfte unbedingt mit ihrer Klasse eine Klassenfahrt inklusive Tierpädagogik buchen? Was bringt sie?

Frithjof: Die Kinder werden nicht nur beobachtend oder versorgend tätig, sondern arbeiten in angeleiteten Planspielen, die sich an den Kriterien der Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) orientieren. Das bedeutet: Sie treffen Entscheidungen, übernehmen Rollen, müssen gemeinsam Lösungen finden und die Folgen ihres Handelns reflektieren. Dabei geht es nicht um richtig oder falsch, sondern darum, Verantwortung, Zukunftsdenken und soziale Aushandlungsprozesse zu erleben.

Durch die Verbindung von Tierbegegnung, ökologischem Lernen und BNE-Planspielen entsteht ein ganzheitlicher Lernraum. Die Kinder begreifen ökologische und soziale Zusammenhänge nicht nur kognitiv, sondern auch emotional und praktisch. Sie erfahren: Nachhaltigkeit ist kein abstraktes Konzept – sie hat mit ihrem eigenen Verhalten und ihrer gemeinsamen Gestaltung von Lebensräumen zu tun.

Ellen: Welche pädagogischen Ziele stehen dabei im Mittelpunkt? Was möchtest du bei den Schülerinnen und Schülern bewirken?

Frithjof: Im Mittelpunkt stehen Selbstwirksamkeit, Achtsamkeit und die Fähigkeit, Zusammenhänge wahrzunehmen. Ich möchte erreichen, dass die Schülerinnen und Schüler nicht nur „etwas über Tiere lernen“, sondern sich selbst als handlungsfähig erleben: Sie beobachten, treffen Entscheidungen, übernehmen Verantwortung und sehen, dass ihr Verhalten Auswirkungen hat.

Gleichzeitig sollen sie empathischer und sicherer im Umgang mit Unsicherheiten werden. Tiere reagieren unmittelbar – das macht Beziehungen, Grenzen und Rücksichtnahme spürbar. Dadurch entwickeln die Kinder Vertrauen in sich selbst und in das gemeinsame Handeln der Gruppe. Ziel ist, dass sie mit einem stärkeren Bewusstsein für Natur, Gemeinschaft und die eigene Wirksamkeit in ihren Alltag zurückkehren.

Unser zentrales Lernziel ist es, Kinder für die ökologischen Herausforderungen der Zukunft zu stärken.  Durch die direkte Erfahrung mit Tieren und Natur wird Lernen wirksam und selbstwirksam – und das nimmt Kindern die Angst vor einer unsicheren Zukunft. Sie erleben: Ich kann etwas erkennen, verstehen und aktiv mitgestalten.

Ellen: Was sollten Lehrkräfte im Vorfeld beachten? Gibt es bestimmte Materialien oder Vorbereitungen, die den Einstieg ins Thema Tierpädagogik erleichtern?

Frithjof: Es braucht keine besonderen Materialien oder inhaltlichen Vorbereitungen. Im Gegenteil: Die Kinder sollten möglichst offen und ohne feste Erwartungen kommen. Die Begegnung mit den Tieren lebt davon, dass sie unvoreingenommen stattfindet. Wir holen die Gruppe genau dort ab, wo sie steht, und führen Schritt für Schritt an Beobachtung, Verantwortung und gemeinsames Handeln heran. Alles, was die Kinder benötigen, entsteht im Prozess – durch Erfahrung, Wahrnehmung und Austausch in der Gruppe.

Ellen: Welche Rückmeldungen bekommst du von den Lehrkräften? Und wie lässt sich das Erlebte im Schulalltag weiterführen oder vertiefen?

Frithjof: Von Lehrkräften bekomme ich häufig die Rückmeldung, dass sich der Klassenzusammenhalt spürbar verbessert und dass viele Kinder während des Programms neue Stärken zeigen, die im Schulalltag oft verborgen bleiben. Die unmittelbare Begegnung mit den Tieren wirkt wie ein Türöffner: Kinder werden ruhiger, konzentrierter und übernehmen Verantwortung, ohne dass es dafür große Anweisungen braucht.

Weiße Schneeeule mit dunklen Flecken sitzt aufrecht und blickt aufmerksam.

Für die Weiterführung im Unterricht eignet sich vor allem, an die gemeinsamen Erfahrungen anzuknüpfen. Viele Gruppen nehmen außerdem ganz konkret etwas mit: etwa selbst gebaute oder gestaltete Nistkästen und Insektenhotels, die sie später in der Schule oder zu Hause aufhängen. Dadurch wird das Programm nicht nur zu einem einmaligen Erlebnis, sondern es hat eine sichtbare Wirkung im Alltag der Kinder. Sie können ihr eigenes Umfeld aktiv gestalten und erleben: Ich kann Lebensräume verbessern und etwas Positives bewirken.

So entsteht ein nachhaltiger Lernprozess – vom Erleben über das Verstehen bis hin zum eigenen Handeln.

Ellen: Was würdest du Lehrkräften raten, die mit ihrer Klasse eine tiergestützte Klassenfahrt planen – vielleicht zum ersten Mal? Worauf sollten sie besonders achten?

Frithjof: Ich würde Lehrkräften raten, offen in das Programm zu gehen und den Kindern Raum zu geben, eigene Erfahrungen zu machen. Tierpädagogik funktioniert nicht über Belehrung, sondern über Begegnung und gemeinsames Handeln. Wichtig ist daher, nicht alles vorweg zu erklären oder zu steuern, sondern die Kinder selbst beobachten, ausprobieren und Entscheidungen treffen zu lassen.

Gleichzeitig gibt es natürlich ein klares Lernziel: Die Kinder sollen zu Entscheidungsträgern werden. Sie sollen erleben, dass ihr Verhalten eine Wirkung hat – auf das Tier, auf die Gruppe und auf die Umwelt. Wenn sie in kleinen, überschaubaren Situationen Verantwortung übernehmen dürfen, entsteht Selbstvertrauen. Dieses Selbstvertrauen brauchen sie später, um sich auch größeren ökologischen Herausforderungen zu stellen.

Das bedeutet: Lehrkräfte müssen nicht „alles im Griff haben“. Sie müssen nur den Raum halten. Der Prozess ist entscheidend – und die Erfahrung, dass Kinder selbst handeln, reflektieren und Lösungen finden können. Genau dort entsteht echte Bildung für nachhaltige Entwicklung.

Jetzt eine Klassenfahrt mit tierischen Begegnungen buchen – und gemeinsam unvergessliche Gänsehautmomente erleben! Hier erfährst du mehr über die Greifvögel-Programme mit Frithjof Schnurbusch:

Jugendherberge Mönchengladbach-Hardter Wald
„Überleben beGreifen – federleicht!“
Ein federnahes Greifvogelprogramm; 1.–13. Schuljahr

Jugendherberge Ratingen
„Jäger der Nacht am Tag erleben!“
Waldpädagogik und Greifvogelkunde; 1.-6. Schuljahr

Weitere Programme mit Tierbegegnungen auf der Klassenfahrt findet ihr hier.

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