Klassenfahrt in Silberborn: Alaska ist nah
Mitten im Wald und das besondere Abenteuer direkt nebenan: Die Jugendherberge Silberborn im Naturpark Solling-Vogler hat ganz aufregende Nachbarn. Hier, im Süden Niedersachsens, können Schüler*innen mit Huskys durch die Natur sausen, Rentiere streicheln und Greifvögeln ganz nahekommen – ein wunderbares Abenteuer.
Elena will jetzt wirklich los. Sie lehnt sich nach vorne, zu allem bereit, Atemwolken steigen in die neblig-kühle Märzluft. Doch erst als Johanna und ihre beiden Mitschülerinnen losgehen, zieht auch Elena, der schwarze Husky mit den blauen Augen, so richtig kräftig. Los geht es durch den Naturpark Solling-Vogler, eine ganze Schulklasse, immer zu dritt von einem der starken Tiere gezogen. Ein einmaliges Erlebnis in einem der größten Waldgebiete des Nordens.
EIN AUSFLUG, BEI DEM DIE KLASSE ZUSAMMENWACHSEN KANN
Die 7. Klasse des Burgberg-Gymnasiums ist aus Bad Harzburg angereist. Wald und Berge gibt es dort auch, Spaziergänge mit Schlittenhunden nicht. „Wir sind ganz begeistert“, sagt Klassenlehrerin Carolin Schilling. Zum Halbjahr erst hatte die Klasse aus dem Realschulzweig der Schule noch einige Neuzugänge bekommen. Die fünf Tage hier in der Natur sollen auch helfen, dass die Gruppe noch besser zusammenwächst, hofft Lehrerin Nadya Dragomirova. „Es ist schön zu sehen, wie sich gerade die schüchternen Kinder ganz selbstverständlich mit den Hunden bewegen“, sagt sie. Manche der bislang eher ruhigen Kinder schmusen nun ausgiebig mit ihren neuen Fellfreunden. Und wer die Hunde zu wuselig findet, kann direkt nebenan die mächtigen Rentiere streicheln.

Der erfahrene Wildnis- und Erlebnispädagoge Axel Winter kümmert sich um die Tiere auf dem Gelände direkt neben der Jugendherberge Silberborn. Den Kindern gibt er manchmal nur Handzeichen. Und auch wenn die Huskys herzzerreißend jaulen, weil sie gerade mal nicht mit in den Wald dürfen, bleibt seine Stimme ruhig. „Ihr seid der Anker“, sagt er, an die Klasse gerichtet. Die Schüler*innen halten die Hunde fest, kümmern sich um die Gurte. Und sie hören aufmerksam zu, als Axel Winter erzählt, wie die Huskys zur Zeit des Goldrausches aus Sibirien nach Alaska kamen. Die Arbeit mit den Tieren hier inmitten der Natur, sie beruhigt, das merkt man der Gruppe schon nach kurzer Zeit an.
AUS SILBERBORN NACH ALASKA UND ZURÜCK
Erlebnispädagogische Klassenfahrten wie diese in Silberborn sind ein Kernangebot des Deutschen Jugendherbergswerks. Sie sind keine herkömmliche Exkursion, sondern ein gezieltes Bildungsangebot zur Stärkung der Klassengemeinschaft und auf die jeweiligen Bedürfnisse und Lernziele abgestimmt. In Silberborn arbeitet das Team der dortigen Jugendherberge seit Jahren eng mit dem Kooperationspartner Axel Winter zusammen. Dessen Geschichte ist eine besondere: Winter war 2010 für neun Monate zu Fuß und mit dem Kanu in Alaska unterwegs und landete auf einer Huskyfarm. Er baute sich ein Blockhaus und durfte die jungen Hunde auf das Schlittenfahren vorbereiten. Zurück in Deutschland war klar: „Solche Eindrücke wollte ich auch anderen ermöglichen“, sagt er. Winter bildete sich weiter und machte aus dem verlassenen Sportplatz direkt neben der Jugendherberge die Wildnis- und Erlebnisfarm „Wildguide“ mit Huskys, Rentieren und Greifvögeln, in dieser Form einmalig in Deutschland. Und ab dem Frühling, wenn es den Hunden zu warm zum Ziehen wird, können sich Gäste der Jugendherberge im Hochseilgarten „Tree Rock“ direkt nebenan in luftiger Höhe beweisen.

Im Wald wird es jetzt richtig märchenhaft. Nebel liegt über dem Hochmoor. Ein paar Meter hinter Elena und den drei Mädchen zieht Tillman die drei Jungs Christoph, Willi und Efe. Die drei hatten den einzigen Nicht-Husky in der Runde gleich ins Herz geschlossen. Christoph klopft dem Jagdhund der Rasse Deutsch Kurzhaar sanft auf den Rücken, dann bleiben sie kurz stehen. Ein kleiner Bach kreuzt den Weg, die Hunde trinken. Christoph geht mit seinem Vater auf die Jagd, hat schon etliche Fische geangelt und sogar selbst verarbeitet. Auch wenn er sich mit Waldabenteuern schon auskennt, das hier ist auch für ihn neu. „Wow, wie viel Power der hat!“, ruft Kumpel Efe.
AM NACHMITTAG DÜRFEN DIE HUNDE RICHTIG TEMPO MACHEN
In der Mittagspause können sich die Kinder in der Jugendherberge ausruhen. Manche chillen nach einer Portion Milchreis noch im Speisesaal, andere gehen kurz auf ihr Zimmer. Als alle wieder fit sind, geht es zurück zu den Tieren. Jetzt wird es wild! Die Hunde können nun das machen, was sie besonders lieben. Im Winter ziehen sie Schlitten durch den verschneiten Wald, jetzt zum Frühlingsanfang spannt Axel Winter immer zwei Tiere an einen Dogscooter, einen Tretroller auf Mountainbikebasis. Johanna und ihre Freundinnen haben nun doch ein bisschen Respekt. Doch nachdem sie die starken Bremsen getestet haben, hört man ein „Ich vertraue den Hunden“ und ein „Ich mach’s!“ – und schon kann es losgehen. Dieses Mal fährt der Wildpädagoge Winter mit dem E-Bike voraus. „Nicht ganz so laut kreischen“, ruft Winter und lacht. Seine Tiere, weiß er, lassen sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen. Die Hunde waren das Highlight dieser Klassenfahrt für die 7. Klasse aus Bad Harzburg. Aber auch bei den Spielerunden, dem Ausflug nach Silberborn oder dem Abend am Lagerfeuer ist die Klasse weiter zusammengewachsen. Die Schüler*innen konnten nach den fünf Tagen mit einem ganzen Rucksack voll mit schönen, fordernden, Mut machenden Momenten nach Hause fahren.

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