Gemeinschaft lernen durch Gemeinschaft erleben

Was in der Jugendherberge passiert, bleibt normalerweise auch dort – doch nicht so beim DJH-Landesverband Baden-Württemberg! Mit dem innovativen Programm „DJH Team-Erlebnis“ positioniert sich der Verband jetzt neu als Bildungspartner für Schulen der Region. Im Interview erläutern Jordis Kienle und Alex Reichert die Hintergründe und Ziele dieses wegweisenden Angebots, das Schulen in ihrem Bildungsauftrag unterstützt und die Klassengemeinschaft stärkt.

Jordis Kienle, DJH-Mitarbeiterin für Erlebnispädagogik und Umweltbildung, hat maßgeblich dazu beigetragen, das „DJH Team-Erlebnis“ zu entwickeln und zu optimieren.

Alex Reichert setzt sich als Experte für nachhaltige Verbandsentwicklung dafür ein, den DJH-Landesverband Baden-Württemberg als Bildungspartner für Schulen zu stärken.

Das „DJH Team-Erlebnis“ ist euer neues erlebnispädagogisches Programm. Warum ist es so wichtig, dass Schüler*innen nicht nur im gewöhnlichen Unterrichtsmodell lernen, sondern auch selbst aktiv sind und eigene Erfahrungen sammeln?
Alex: Wir begreifen Erlebnispädagogik als eine wertvolle Disziplin zum Erlernen sozial-emotionaler Kompetenzen. Unsere Erfahrungen zeigen, dass diese Stärkung der Resilienz außerhalb des klassischen Schulalltags viel besser gelingt. Neues erlernen, raus aus dem bekannten Setting und der Komfortzone: Das ist unser Ansatz für das „DJH Team-Erlebnis“. Unser abwechslungsreiches Programm unterstützt so die Klassengemeinschaft, aber auch die individuelle Entwicklung der Schüler*innen. Im Mittelpunkt aller Übungen und Spiele steht die Freude am gemeinsamen Erleben und Lernen.

Vor der Entwicklung des neuen Programms stand ein Pilotprojekt, das „DJH BW Meets School“. Warum habt ihr das damals ins Leben gerufen?
Alex: Als Träger der Kinder- und Jugendhilfe ist es immer das Ziel unserer Arbeit, einen Beitrag zur Entwicklung junger Menschen zu leisten. Konkret bedeutet dies, dass wir Kinder und Jugendliche darin unterstützen, selbständig zu denken und eigenverantwortlich in ihrem sozialen Umfeld zu handeln. Die Jugendherberge ist der Ort, an dem unsere enge Beziehung zu den Lehrkräften sowie Schüler*innen entstanden ist. Wir wollen uns aber auch inhaltlich und räumlich weiterentwickeln. So entstand die Idee einer „kleinen Klassenfahrt“ direkt in der Schule. Wir wollen verstärkt Bildungspartner der Schulen sein.

„Um ein Kind aufzuziehen, braucht es ein ganzes Dorf“, zitiert Alex ein afrikanisches Sprichwort. Klar ist: Bildung und Erziehung können nicht allein von den Eltern oder der Schule gestemmt werden.

Jordis, du warst direkt an dem Pilotprojekt beteiligt. Gemeinsam mit einer Kollegin warst du ein halbes Jahr an der Zollberg Realschule in Esslingen. Was genau habt ihr da gemacht?
Jordis: Wir haben in diesem Zeitraum jeden Tag jeweils eine Klasse von der ersten bis zur sechsten Stunde begleitet. Unser Ziel war es, das soziale und emotionale Lernen der Kinder und Jugendlichen zu fördern. Dafür gab es verschiedene Thementage, um die Klassengemeinschaft und die Persönlichkeitsentwicklung der Schüler*innen zu stärken, Vertrauen untereinander aufzubauen sowie den Umgang mit Druck und Stresssituationen zu verbessern.

Welche Erfahrungen hast du mit den insgesamt 15 Klassen gesammelt, die ihr begleitet habt?
Jordis: Generell haben wir durch das Pilotprojekt die Erfahrung gemacht, dass es sinnvoll wäre, soziales und emotionales Lernen noch stärker in das Schulsystem zu integrieren. Die Schulen haben zwar bereits ein Sozialcurriculum, aber wir wollen diese Inhalte mit unserem Programm ergänzen oder auch teilweise übernehmen. Denn das Projekt zeigt deutlich, dass sich die Schüler*innen so bewusster mit sozialem Umgang, ihren Emotionen und den Gefühlen anderer auseinandersetzen. Das unterstreichen auch die Rückmeldungen der Lehrkräfte: Einige Schüler*innen zeigten sich während der Projekttage offener als im regulären Schulalltag, integrierten sich mehr in die Gruppe oder gingen harmonischer miteinander um. Außerdem konnten sich die Kinder und Jugendlichen außerhalb des gewohnten Umfelds noch einmal auf eine andere Art und Weise kennenlernen. Und einige Schüler*innen freuten sich auch einfach nur, mal einen Tag gemeinsam draußen zu verbringen und gemeinsam als Klasse etwas zu unternehmen.

Die Erkenntnisse aus den vielen Projekttagen habt ihr dann gesammelt, ausgewertet und schließlich in das neue Klassenfahrtprogramm „DJH Team-Erlebnis“ gegossen?
Jordis: Ja, richtig. Es ist das ideale Programm für jede Klassenfahrt in einer DJH-Jugendherberge. Aber: Wir kommen damit auch gerne für ein Halb- oder Ganztagesprogramm direkt in die Schule. Das erlebnispädagogische Angebot ist dabei mit wenig Aufwand sowie Material realisierbar – und vor allem ortsunabhängig. Das Programm gestalten wir passgenau und individuell für jede Klasse. Dazu kann im Buchungsformular einer von vier thematischen Schwerpunkten ausgewählt werden.
Alex: Grundsätzlich fördern alle Programme die Koordination und Bewegung, Motivation, Konzentration, Selbstreflexion, das Selbstbewusstsein sowie den Umgang mit Konflikten. Und gerade jetzt ist genau das wichtig, wofür die Jugendherbergen schon lange stehen: Nähe, Zusammenhalt, Teamerlebnisse und Bildung. Erlebnispädagogische Teambuilding-Programme mit Mehrwert, wie unser „DJH Team-Erlebnis“, fördern gezielt das soziale und emotionale Lernen.

Teamzusammenhalt zählt überall – ob im Schulalltag oder beim Kickern.

Wie werden die erlebnispädagogischen Tage in eurem neuen Programm konkret gestaltet?
Jordis: Im Vorfeld füllen die Lehrkräfte einen Fragebogen aus, der als Grundlage für die Planung und Durchführung des Programms dient. Dieser Fragebogen ermöglicht es uns, die Bedürfnisse und Lernziele der Schüler*innen genauer zu verstehen. Basierend auf diesen Informationen haben wir ein breites Spektrum an Übungen und Aufgaben zur Auswahl, aus denen wir dann das endgültige Programm zusammenstellen. Konkret besteht ein Programm aus einer Warm-up-Übung, dem gewählten Themenblock und der Reflexion.

Inwiefern wird das Programm individuell an die Schüler*innen und neue Herausforderungen angepasst?
Jordis: Ausgangspunkt ist immer unser pädagogisches Konzept, das die altersspezifischen Voraussetzungen und Herausforderungen berücksichtigt. Und natürlich gibt es in den Klassen immer sowohl schüchterne als auch extrovertierte Schüler*innen. Die einen müssen also mehr motiviert und unterstützt werden, die anderen ein wenig „gebremst“. Hier suche ich sehr aktiv das Gespräch mit den Teilnehmenden, um zu erfahren, wie sie sich gerade fühlen und was sie bewegt. Und natürlich akzeptieren wir auch die persönlichen Grenzen der Schüler*innen. Aber wir unterstützen eben auch dabei, sich aus der Komfortzone herauszubewegen und daran zu wachsen. Als Erlebnispädagogin muss ich also immer empathisch und flexibel auf die Klassen und eventuelle Herausforderungen reagieren. Deshalb habe ich auch meistens 1-2 Übungen als Varianten dabei und generell ein großes Repertoire an Spielen im Hinterkopf.


Welche Fähigkeiten erwerben die Schüler*innen in den erlebnispädagogischen Tagen und inwiefern ergänzt das Programm damit den regulären Schulunterricht?
Alex: Beim „DJH Team-Erlebnis“ geht es darum, dass die Kinder und Jugendlichen lernen, mit ihren eigenen Stärken und Schwächen sowie mit denen anderer umzugehen. Unser großes Ziel ist es dabei, die Schüler*innen in ihren sozialen und emotionalen Fähigkeiten zu stärken. Wir gehen davon aus, dass diese Kompetenzen im gewöhnlichen Unterrichtsmodell, zum Beispiel bei Gruppenarbeiten, durchaus unterbewusst erlernt werden. Meistens bleibt jedoch nicht genügend Zeit, um diese Fähigkeiten zusätzlich intensiv zu reflektieren. Diese Lücke wollen wir schließen. Durch aktive eigene Erfahrungen können sich die Schüler*innen Dinge besser einprägen und leichter lernen. Die anschließende Reflexion hilft dabei, das Gelernte bewusst zu machen und es gezielter anzuwenden.

Text: Lara-Sophie Radach
Fotos: Norbert Neumann

Das „DJH Team-Erlebnis“

Das Programm richtet sich an Schulklassen aller Jahrgangsstufen und zielt darauf ab, Vertrauen, Teamfähigkeit und Zusammenhalt innerhalb der Klasse zu fördern. Das Programm umfasst folgende Bestandteile:

  • Begleitung durch erfahrene Erlebnispädagog*innen
  • Teamübungen zur Stärkung der Klassengemeinschaft
  • kooperative Spiele zur Förderung des Miteinanders
  • gezielte Aktivitäten, Übungen und abschließende Reflexionen
  • Vorabgespräche für ein passgenaues Programmkonzept für die jeweilige Schulklasse

Wir bieten folgende Optionen:

  • 2 x 1,5 h pädagogisches Programm mit zwei erfahrenen Erlebnispädagog*innen mit bis zu 30 Schüler*innen
  • 4 x 1,5 h pädagogisches Programm mit zwei erfahrenen Erlebnispädagog*innen mit bis zu 30 Schüler*innen  

Bei der Buchung kann einer dieser vier Themenschwerpunkte ausgewählt werden:

  • Problemlösekompetenz und Teambuilding
  • Vertrauen in andere
  • Akzeptanz und Toleranz und der Umgang mit Emotionen
  • Wahrnehmung, Entspannung und Kreativität

Unsere Erlebnispädagog*innen stellen dann ein individuelles DJH Team-Erlebnis für jede Klasse zusammen.

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